Der Verkauf von Kälbern aus der Milchviehhaltung ist seit Jahren nicht kostendeckend. Viehhändler transportieren die Jungtiere über weite Strecken zum Mastbetrieb. Neben der Umweltbelastung, sind hier auch Tierschutzfragen kritisch zu betrachten. Die Erzeugerbetriebe stecken in einem Konflikt zwischen Tierwohl und Wirtschaftlichkeit. Unsere fortschreitende Wegwerfgesellschaft betrifft mittlerweile alle Lebensbereiche und wird sowohl politisch, wirtschaftlich als auch in der Bevölkerung stark diskutiert. So wird auch die Landwirtschaft in den Medien gerne an den Pranger gestellt. Die Darstellung der Kälberaufzucht und -mast in den Medien wollen wir mit wissenschaftlich fundierten Fakten überprüfen und gegebenenfalls entgegensteuern.
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In Rheinland-Pfalz werden Kälber aus der Milchkuhhaltung für einen sehr geringen Erlös, der für die Landwirte bei Weitem nicht kostendeckend ist, vermarktet. Überwiegend werden die Kälber von Viehhändlern angekauft, die sie über weitere Zwischenstationen in Mastställe verbringen. Die Abnehmer befinden sich teilweise in anderen Bundesländern, vor allem aber im benachbarten Ausland. Die Haltungsbedingungen dort sind zum Teil unklar. Die weiten Transportwege sind aus Gründen des Tierschutzes und der Umweltbelastung kritisch zu hinterfragen.
Ganz Rheinland-Pfalz war bis Mitte 2023 Restriktionsgebiet für die Blauzungenkrankheit (BTV-8). Die Verbringung der Kälber in restriktionsfreie Gebiete war dadurch nur unter Auflagen möglich, die weitere Kosten für den landwirtschaftlichen Betrieb verursachten.
Rheinland-Pfalz liegt mit den Preisen für Nutzkälber ab Hof bundesweit an unterster Stelle und somit noch unter dem ohnehin schon niedrigen bundesdeutschen Durchschnitt. Die Vermarktungssituation in Rheinland-Pfalz ist sehr unübersichtlich, da eine sehr hohe Zahl verschiedener Viehhändler und/oder Viehhandelsunternehmen die sogenannten „Montagskälber“ (Montag ist der Hauptankauftag) aufkauft und weiter vermarktet. Einerseits werden die Preise, die die Landwirte für ihre Kälber erhalten, durch unzählige Zwischenstationen gedrückt, denn jede will an der Vermarktung verdienen. Andererseits wirken auch die wenig transparenten und kaum nachvollziehbaren Vermarktungswege preissenkend. Da die Strukturen in der Nutztierhaltung in Rheinland-Pfalz schlecht und die Entfernungen zwischen den einzelnen Betrieben sowie zwischen den Betrieben und den vor- und nachgelagerten Bereichen sehr groß sind, befinden sich die Landwirte in einer nachteiligen Position.
Die Milchviehbetriebe stehen darüber hinaus unter großem Druck, ihre meist männlichen Kälber, die sie nicht zur Bestandsergänzung benötigen, möglichst kurz auf dem Betrieb zu halten, da die Kapazitäten in den Betrieben nicht vorhanden sind. Die Kälberaufzucht erfordert neben Stallplatz und Futter auch erheblichen Arbeitseinsatz. Bei wachsenden Betriebsgrößen muss vor allem die Haltung männlicher Kälber ausgelagert werden, da sie nicht in den Produktionsablauf der Betriebe passt.
Alle genannten Aspekte führen dazu, dass die Tiere schon fast als Wegwerfprodukt eingestuft werden und ihre Vermarktung als „Verramschen“ bezeichnet werden kann. Die Abnehmer vermitteln den Landwirten, dass ihre Kälber nichts wert sind.
Ein großes betriebswirtschaftliches Problem für die Landwirte. Aber auch eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz und der überaus geringen Wertschätzung für tierische Lebensmittel.